MHH-Info: Start des Netzwerk ProBeweis

Neues Projekt gestartet: Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan, Professor Dr. Michael Klintschar, Privatdozentin Dr. Anette Solveig Debertin, Dr. Tanja Germerott und Professor Dr. Peter Hillemanns (von links).

Hilfe für Opfer von häuslicher Gewalt und Sexualstraftaten

 

Jede vierte Frau in Deutschland wird laut Bundesfamilienministerium mindestens einmal im Leben Opfer von häuslicher Gewalt oder einer Sexualstraftat durch frühere oder aktuelle Beziehungspartner. Gerade wegen der sozialen Nähe zum Täter besteht für die Betroffenen eine hohe Hemmschwelle, ihre Rechte wahrzunehmen und sofort bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten. Für eine erfolgreiche Strafverfolgung ist aber eine möglichst zeitnahe gerichtsverwertbare Dokumentation und Beweissicherung notwendig. Hier greift ein neues Projekt der MHH: Am Institut für Rechtsmedizin startete am 1. Juni das Projekt Netzwerk ProBeweis. Den Betroffenen soll in Opferambulanzen die Möglichkeit gegeben werden, für eine eventuelle spätere Beweisführung Verletzungen dokumentieren und Spuren sichern zu lassen – ohne sofort nach der Tat eine Strafanzeige erstatten zu müssen. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration finanziert das Projekt für drei Jahre mit jeweils 270.000 Euro.
„Opfer häuslicher Gewalt oder einer Sexualstraftat sind oftmals so stark traumatisiert, dass sie erst Monate oder Jahre danach Anzeige erstatten können. Mit dem Projekt wollen wir den Mädchen und Frauen den Weg für eine Strafverfolgung auch zu einem späteren Zeitpunkt öffnen“, betont Niedersachsens Sozial- und Frauenministerin Aygül Özkan. Die in den Beweisambulanzen gewonnenen Spuren können, nach Freigabe durch die Betroffenen, in Ermittlungs- und Strafverfahren eingebracht werden. „Für die Justiz zeichnet sich hierdurch eine Möglichkeit ab, die Beweissituation in einer Reihe von Strafverfahren entscheidend zu verbessern, in denen derzeit noch die Situation Aussage gegen Aussage besteht“, lobt Justizminister Bernd Busemann das Projekt.


Das MHH-Institut für Rechtsmedizin verfügt über die notwendigen forensischen Kenntnisse und Erfahrungen bei der gerichtsverwertbaren Befunddokumentation. Deshalb sind die ersten beiden Beweisambulanzen auch an den Standorten Hannover und Oldenburg angesiedelt. Das „Netzwerk ProBeweis“ soll aber noch größer werden. „Wir wollen ein Netz knüpfen, das so dicht ist, dass jedes Opfer in Niedersachsen nicht mehr als 100 Kilometer von einer Untersuchungsstelle entfernt wohnt“, sagt Professor Dr. Michael Klintschar, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin. Dafür möchte er in ganz Niedersachsen mindestens zehn Partnerkliniken gewinnen, die über eine Notfallambulanz/Chirurgie und eine Gynäkologie verfügen.


Als erste hat sich die MHH-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe entschlossen mitzumachen. „Das Thema ‚Häusliche Gewalt’ gehört in die Öffentlichkeit. Den betroffenen Frauen muss geholfen werden. Der Weg in eine Frauenklinik ist häufig leichter als der Gang zur Polizei. Deshalb machen wir gerne mit“, erklärt Klinikdirektor Professor Dr. Peter Hillemanns. „Alle Anlaufstellen sollen bei der forensischen Untersuchung nach demselben Standard vorgehen und mit einheitlichen, speziell hierfür entwickelten Dokumentationsbögen und Untersuchungskits arbeiten“, erläutert Professorin Dr. Anette Solveig Debertin, Oberärztin am Institut für Rechtsmedizin. In speziellen Schulungen lernen die Ärztinnen und Ärzte in den Partnerkliniken, wie Beweise und Spuren gerichtsverwertbar gesichert werden.


Das Netzwerk ProBeweis steht nicht nur Frauen, sondern auch Männern, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, zur Verfügung.

 

 

Die Kontaktdaten in Hannover:

Lisa Berking
T. 0511 532-4599
probeweis@mh-hannover.de

 

 

Die Kontaktdaten in Oldenburg:

Imke Schulte-Brod
T. 0176 1532 4572
probeweis-ol@mh-hannover.de

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